ERKLÄRUNGEN

Immer wieder höre ich, es sei eine Impertinenz, Transsexualität überhaupt erklären zu wollen. Man würde sich dadurch nur in eine Rechtfertigungshaltung begeben.
In den letzten Tagen bitten mich infolge meiner Transition viele Nichtbetroffene, ihnen Transsexualität zu erklären. Sie könnten sich das schlecht konkret vorstellen. Es sind keine Leute, darunter, die eine negative Einstellung haben. Im Gegenteil.

Ich beschreibe es dann so: "Ich habe ein angeborenes geschlechtliches Körperempfinden, das einen weiblichen Körper nahelegt. Mein geschlechtliches Körperempfinden ist diskrepant zu bestimmten Geschlechtsmerkmalen meines Körpers wie z.B. dem Gesicht, dem Penis, der platten Brust und der Stimme. Dieses geschlechtliche Körperempfinden wird durch ein Nervensystem verursacht, das von Geburt an weiblich ausgerichtet ist. Das Nervensystem hat weibliche anatomische Merkmale und auch weibliche geschlechtliche Funktionen. Es wohnen also zwei Geschlechter in meinem Körper, ein weibliches im Nervensystem und ein männliches in Hoden & Co. Daher bin ich gewissermaßen intersexuell. Und fühle mich intersexuellen Menschen nahe.

Und an dieser körperlichen Zweigeschlechtlichkeit leide ich seit meiner Kindheit. Es gibt eine Sehnsucht nach meinem weiblichen Geschlechtskörper. Seit ich dies klar empfinde und für mich auf den Punkt gebracht habe, ist mein bisheriges Leben endgültig zerbrochen. Und ich versuche mit medizinischen Mitteln den männlichen Körper zu verändern, zu verweiblichen. Um im Frieden leben zu können."

Es geht mir also um handfest Körperliches, nicht um Identität oder andere Psycho-Schwurbeleien. "Identität", kommt mir vor, ist eher eine Worthülse für Menschen, bei denen die Körperdiskrepanz anders in Erscheinung tritt. Vielleicht für Cross Dresser oder andere Geschlechts-Varianten? Ich weiß es nicht, Mich ärgert es immer, wenn man mir mit Rolle oder Identität kommt. Und daherschwafelt, ich hätte ein Rollenproblem. Oder eine weibliche Identität. Ich wehre mich gegen solche Psychoerklärungen.
Daher bin ich mittlerweile auch sehr skeptisch, was Selbsthilfegruppen anbetrifft. Da finden sich meistens Identitäts- und Rollenritter. Aber wenige von meiner "Sorte". Klar, die Identitären sind viele. Und sie sind laut. Wir sind eher leise. Und nicht so viele.

Autorin: Dr. med. univ. Dr. phil. Claudia Haupt - 11.August 2017

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