Transgender sei ein Oberbegriff der für alle Menschen Verwendung fände, die nicht der heterosexuellen Norm entsprächen. Die also regelmäßig davon im Alltag abweichen.
„Transgender“ soll im weitem Sinne gebraucht werden. Auch Lesben und Schwule sollen laut des Artikels den Begriff für sich in Anspruch.nehmen. Zur Begründung wird angefügt "ihre Rollenverhalten, ihre Bekleidung oder ihr Empfinden entspreche nicht dem was sich die Mehrheit der Gesellschaft als Verhalten richtiger Frauen und Männer vorstelle".


Alles Transgender?

So lustig das auf den ersten Blick wirken mag, so richtig ist aber diese logische Fortführung des Gedankens bezüglich Transgender – als Geschlechterrollenwechsel.

Gemäß der heterosexuellen Norm ist das binäre Geschlechtssystem und die heterosexuelle Orientierung die soziale Norm. Die Geschlechterrollen sind demnach ebenso innerhalb dieser sozialen Norm entsprechend zugeordnet.

Da erscheint es folglich nur als konsequent, eine homosexuelle Orientierung außerhalb dieser sozialen Norm von Geschlechterrollen zu sehen und Menschen mit dieser Thematik als Transgender zu bezeichnen.

Genau genommen wären dann z.B. auch Männer, die einen Kinderwagen schieben, als Transgender zu sehen oder auch Frauen, die mit Bohrmaschinen hantieren. Spätestens an diesem Punkt aber beschleicht einen das Gefühl, dass hier etwas nicht mehr passen kann.

In gleicher Weise, wie wenn man sagt, dass Hirsutismus bei Frauen ein transsexuelles Körpermerkmal ist und das ein Rollenverhalten welches nicht der sozialen Norm entspricht einen Transgender ausweist, würden diese Betrachtungen das Transsexualität- und das Transgender-Verständnis sehr weit in die Gesellschaft hinein tragen, viele Menschen damit in Berührung bringen und in der Folge den Umgang mit diesen Themen beeinflussen und damit wiederum die sozialen Normen verschieben.

Eigentlich wird damit jedem vor Augen geführt, wie normal transsexuelle Merkmale und Transgender-Verhalten sind und wie vielleicht jeder ein Stück davon selbst als Thema hat. Eigentlich perfekt – und weil es so perfekt ist, wird sich die Gesellschaft auch auf diesen Punkt hin entwickeln.

Doch wird dies Alles nichts an der Tatsache ändern, das es Menschen geben wird, deren körperliche Geschlechtsmerkmale oder deren an sie gestellte geschlechtliche Rollenerwartung nicht ihrem geschlechtlichen Wesen entsprechen. Sind das dann „Ganz-transsexuelle Menschen“ oder „Ganz-Transgender“ oder vielleicht alles nur „Norm-Wandler“?

Ich halte es für einen hervorragenden Ansatz, alle von der heterosexuellen Norm abweichenden Menschen als Transgender zu bezeichnen – also auch schwule und lesbische Menschen. Das ist eine klare Aufforderung, sich mit der Sinnhaftigkeit solcher Überbegriffen wie Transgender oder Trans* zu beschäftigen.

Dann brauchen wir kein LSBTTIQ mehr, denn dann reicht ein T. Dann erfahren auch andere Gruppen aus dem Spektrum der Vielfalt, wie es ist, wenn man verschwindet – in der Ansprache, in der Definition, in den Prozessen der Selbstfindung, in der Behandlung, in ihren eigenen Problemstellungen, im Verständnis der Gesellschaft.

Dann sind wir alle nur noch Menschen – alle gleich. Aber wollen wir alle gleich sein? Verliert dann das Individuum an Bedeutung? Braucht es dann wieder Dinge, die uns individuell verschieden machen, Dinge die den Fokus wieder auf die Eigenschaften der Menschen richten und damit auch einem gerecht werdenden Umgang mit dieser Vielfalt?

Genügt es z.B. besonders gut zeichnen zu können, besonders künstlerisch oder handwerklich begabt zu sein um der Individualität gerecht zu werden – oder ist es jede Eigenart wert beachtet und genannt zu werden? Ich denke, alles was es gibt ist auch Wahrheit und verdient seine bewusste und genannte Existenz – das gilt auch für Menschen mit ihrer LSBATTIQ Thematik.

Autorin: Rosi Hach - 11.August 2015

To top